(Over) Drive oder: Dich kann ja momentan grad gar nichts aufhalten

Kennt ihr diese Entscheide im Leben, wo ihr zu etwas JA sagt und euch mit eurem eigenen Mut überrascht? Das habe ich kürzlich gemacht und seither befinde ich mich auf einer emotionalen Achterbahn-Fahrt.

Als ich letztes Jahr den Entschluss gefällt hatte, bei der SRF Doku «Macht Schönheit glücklich?» mitzumachen, konnte ich nicht abschätzen, wie viel das in meinem Leben in Bewegung bringen würde. Dass es bei den Dreharbeiten um Themen ging, die so viel tiefer gingen als Äusserlichkeiten, überraschte mich selbst wohl am allermeisten. Das hatte zum einen viel mit dem Team zu tun, mit dem ich die Drehtage erleben durfte, zum anderen sehr viel mit Mona Vetsch als Gesprächspartnerin – aber auch genau so viel mit mir selbst. Ich dachte viel über erlebte Prägungen nach und über den Veränderungsprozess, den ich seit ein paar Jahren erlebe – ich hatte hier darüber geschrieben.

Stillstand

Als ich dann vor kurzem mit Mona telefonierte und sie mir vom Veränderungsprozess einer Person erzählte, welche durch die Sendung angestossen wurde (mehr dazu später😉 und wir darüber sprachen, ob man diese und meine Geschichte in einer Fortsetzung weitererzählen könnte, merkte ich, wie ich Lust darauf bekam. Denn der Winter 2021 hatte Spuren bei mir hinterlassen. Ich war im privaten und beruflichen Leben mit verschiedenen Druck-Situationen konfrontiert, die mich in Kombination mit den sonstigen speziellen – nennen wir sie mal – globalen Umständen zu einer Rückkehr in alte Ess-Verhaltensmuster geführt hatten.

Bewegungsmässig war ich ziemlich gut unterwegs, ich hatte das Schneeschuhlaufen entdeckt – aber ich konnte einfach nicht die notwendige Distanz zu meinem Kühlschrank finden. Mir das einzugestehen, war verdammt hart. Denn wenn man das nicht mal nach einer Magenbypass-OP schafft, dann ruft die innere Stimme schon gerne mal laut «Versagerin». Und das nicht nur einmal, sondern wiederholt. In der Kombi damit, dass ich sehr viel Zeit damit verbrachte, dieser inneren Stimme zuzuhören, ergab sich ein Mindset, welcher schwierig auszuhalten war. War das die richtige Voraussetzung, um vor die Kamera zu treten mit meiner Geschichte?

In den Mut springen

Manchmal ist man genau dann am mutigsten, wenn man es sich selbst am wenigsten zutraut. Mein Bauchgefühl sagte dermassen «Ja» zu dieser Sache, dass es nur richtig sein konnte. Und als Mona fragte, ob ich aktuell ein Projekt am Start hätte, bei dem sie mich begleiten könnten, wollte ich erst nicht mit der Sprache rausrücken… und hörte mich gleichzeitig die Worte sagen «Ja, ich möchte dieses Jahr auf einen Klettersteig». Denn ich hasse es, wenn ich den festen Boden unter den Füssen verliere – bei sowas wie auf diesem Bild ist dann schnell mal Ende Gelände bei mir.

Nun ist Klettersteig definitiv ein «Next Level» Projekt für mich. Sowohl von meinem Gewicht her (welches sich knapp im zweistelligen Bereich befindet) wie auch von meiner Bereitschaft, dafür so viel zu trainieren, wie es brauchen wird. Mein Coach Steve hatte in den letzten Monaten immer mal wieder mit Nachdruck erwähnt, dass es langsam Zeit würde, einen Gang hochzuschalten. Aber wie es halt so ist mit Komfortzonen: Manchmal verlässt man sie erst, wenn man rausgeschubst wird oder sich, wie in meinem Fall, selbst daraus rausschubst. Das hatte ich damals, vor genau vier Jahren mit diesem öffentlich machen meines Rigi-Traums gemacht und das wiederhole ich nun mit diesem Projekt, mich bei den Vorbereitungen auf den Klettersteig filmisch begleiten zu lassen.

Warum brauchst du eigentlich genau diesen Druck von solch grossen Projekten?

Das fragte mich kürzlich wieder mal jemand. Das ist nicht ganz einfach zu erklären und ich habe diesbezüglich auch immer wieder eine innere Zerrissenheit. Warum bloggte ich beispielsweise über das Leben mit Magenbypass, obwohl es mich angreifbar machte? Warum schrieb ich im Tages Anzeiger über das Dasein als übergewichtige Sportlerin, obwohl dies einiges an Kommentaren hervorrief, an die ich heute noch nicht denken kann, ohne dass ich leer schlucken muss? Warum musste es die Rigi sein, wenn ich doch auch einfach mal den Üetzgi hätte in Angriff nehmen können?

Wenn ich diese Frage in einem einzigen Satz beantworten müsste, wäre es dieser: Wenn ich mit meinen Zeilen, meinen Fotos und meinen Geschichten auch nur eine Person dazu animieren kann, sich in Bewegung zu bringen, dann war es das alles wert. Die Leichtigkeit, die Seelenzufriedenheit und die Herz-Hüpf-Momente, die ich dank der Bewegung und dem Sport in mein Leben bringen konnte, die sind ALLES wert. Sie sind es, an die ich denke, wenn ich meinen mentalen Zielzustand visualisiere: Der hat sehr viel mit einer Leichtigkeit zu tun, die über einen rein körperlichen Zustand ausgeht. Sie sind das Glück und die Erfüllung, die mir in mir drin viele, viele Jahre fehlte und die ich (erfolglos) versuchte, mit Essen zu kompensieren. Und wenn ich dieses Glücksgefühl vermittle durch mein Schreiben oder es in einem «Walk and Talk» Coaching zusammen mit den nötigen Tools für ein bewegteres Dasein weitergeben kann, erfüllt das mein Herz.

Vollgas – und Vollbremsung

Beim ersten Drehtag mit Mona bekam ich meinen Trainingsplan und gab Steve mein Versprechen ab, Gas zu geben. Mit jedem Training und jedem Höhenmeter merkte ich, wie mein Drive zurückkam. Denn genauso, wie ich die phlegmatische «ich komme glaub nie wieder von dieser Couch hoch» Spirale kenne, so durfte ich auch die «es wird mit jedem Training leichter und leichter» Spirale in der Vergangenheit schon kennenlernen. Und diese Spirale, die ist grossartig. Die lässt dich an einem Hitzetag morgens um 5 Uhr den Wecker stellen – weil du trainieren WILLST. Und wenn du Gipfelmomente erleben darfst, dann ist die Trainings-Welt sowieso in Ordnung.

Bis sie dann ganz plötzlich von einer Sekunde auf die andere nicht mehr in Ordnung ist. Bei unserem letzten Personaltraining am Donnerstag unterhielt ich mit Steve über das Thema «Regeneration» und die Wichtigkeit davon. Denn ich kenne mein aktuelles Verhalten sehr gut von mir: Ich werde extrem. Ich will dann immer mehr. In fast jeder freien Minute habe ich Bewegung reingebracht. Parallel dazu merkte ich, wie sich mein Essverhalten langsam wieder änderte. Wie ich quantitativ und qualitativ eine Verbesserung reinbringen konnte, die es für die Zielerreichung «Klettersteig» auch dringend braucht. Soweit also alles rosarot.

Bis ich dann am Weekend beim bergauf wandern von einer Sekunde auf die andere einen stichartigen Schmerz in der Wade fühlte und sofort wusste, öhm, DAS ist jetzt nicht gut. Der Bauch wusste dies vor dem Kopf, welcher das Gefühl hatte, er könnte doch jetzt noch etwas weiterzwängelen und weiterwandern. War wohl nicht die gescheiteste Idee…. Ich musste das Vorhaben dann schnell abbrechen. Und SOFORT ging das Kopfkino los. Meine letzte Sportverletzung hatte mich über Monate hinweg ausser Gefecht gesetzt und gezwungen, meinen Rigi-Aufstieg um ein Jahr zu verschieben. Das ist jetzt genau drei Jahre her und heute musste ich grad selber nochmals nachlesen, was ich damals über diesen Umgang mit Rückschritten geschrieben hatte.

Ich kann das mit der Wadenzerrung drehen und wenden, wie ich will: Jetzt ist erstmal ein Moment Schonung angesagt. Hochlagern. Kühlen. Vom Vollgas in die Vollbremsung. Und damit verbunden die Angst, das eben erst langsam sich regulierende Essverhalten wieder entgleisen zu sehen.

Die Lektion aus diesem Vorfall, die ist mir noch nicht ganz abschliessend klar. Was mir dagegen glasklar ist: Solche Dinge passieren aus Gründen. Manchmal versteht man sie erst hinterher, manchmal nie. Vielleicht muss man es auch nicht. Wichtig war für mich eine Notfallstrategie, die ich schon vor Monaten mal mit Steve erarbeitet hatte für Krisensituationen. Wie die aussah? Davon berichte ich euch im nächsten Blogpost. Denn vielleicht geschah das ganze (auch), weil es ein Auslöser dafür war, meine laaange Schreibblockade zu lösen und den Schreibfluss wieder in Bewegung zu bringen 😉

Ein Gedanke zu „(Over) Drive oder: Dich kann ja momentan grad gar nichts aufhalten

  1. Hallo Alexandra
    Auch ich bi an einem solchen Punkt angelangt
    Nach meinem guten Abnehmerfolg kam nun die Kündigung meiner Arbeitsstelle und nun eine Hüftop
    Habe mir nun schon wieder einige Kilos raufgefuttert
    Bin zur Zeit etwas unmotiviert
    Da muss ich auch durch
    Liebe Grüsse
    Lea Ferrari

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