Was uns prägt

Ich habe seit den Dreharbeiten und der Ausstrahlung der Sendung «Macht Schönheit glücklich?» sehr intensiv darüber nachgedacht, was uns prägt im Leben und wie wir damit umgehen. Und möchte heute ein paar Gedanken dazu mit euch teilen.

Zum Beispiel diese Geschichte mit meiner Wander-Freude. Diese entsprang in meiner Kindheit, ausgelöst durch meine Grosseltern, welche mich schon als Dreikäsehoch immer auf alle möglichen Berge mitnahmen. Unter anderem war die Rigi der Lieblings-Berg meines Grosis, was sicherlich auch einen Anteil dazu beigetragen hat, dass es auch mein Herzens-Berg wurde und warum ich mir den Rigi-Aufstieg als Fitness-Ziel gesetzt hatte.

Kürzlich fragte mich eine Freundin, ob ich als Kleinkind wirklich sooo den Plausch am Wandern gehabt hätte oder ob das jetzt eine Art «glorifizierte» Erinnerung sei von mir. Ich musste dann kurz darüber nachdenken und erinnerte mich daran, dass mich das «Drumherum», vor allem das frühe Aufstehen, immer grausam angegurkt hat. Doch ich habe unzählige schöne Erinnerungen daran, wie es war, in den Bergen unterwegs zu sein, Tiere zu beobachten, Wildblumen anzuschauen, Aussichten zu geniessen – das alles habe ich als durchwegs positive Kindheitserinnerungen abgespeichert.

Anstrengend wurde das Wandern für mich mit der seit der Pubertät steigenden Anzahl Kilos auf der Waage. Ich erinnere mich, dass ich es als Teenager dann irgendwann definitiv nicht mehr gleich lässig fand und bewundere meine Grosseltern bis heute dafür, dass sie mich nicht einfach mal irgendwo stehen gelassen haben. Ich konnte nämlich auch als Teenager so richtig rum „täubelen“ und erinnere mich auch daran, dass ich mich mit ungefähr 16 Jahren in den Flumserbergen einfach mal auf einem Weg hingesetzt habe und keinen Schritt mehr machen wollte…. Danke an dieser Stelle an diese beiden wunderbaren Seelen, welche mich immer wieder sicher nach Hause zurück brachten!

Wiederentdeckt habe ich das Wandern dann vor einigen Jahren, so ganz genau kann ich den Zeitpunkt nicht mehr benennen. Es war irgendwann in den Jahren, nachdem ich bei Run Couchpotatoes Run angefangen habe, über die Bewegung zu bloggen. Heute kann ich sagen, dass mir das Wandern wahrscheinlich ein Stück weit das Leben gerettet hat. Es gab mir die nachhaltige Bewegungs-Motivation, welche mir bis dahin gefehlt hatte. Es entzündete ein Feuer in mir, welches seither brennt und auch wenn die Trainings-Motivation mal grad etwas niedrig ist, braucht es «nur» einen Tag in den Bergen und ich weiss wieder, was mein «Warum» für Bewegung ist.

Genau darum habe ich mich auch entschlossen, meine Coachings als «Walk and Talk» Sessions anzubieten: Weil ich diesen Weg von viel Bewegungsfreude hin zu praktisch null Bewegung retour zur Bewegungsfreude selber erlebte und weiss, wie schön es ist, wenn man diese (wieder) entdecken darf.

Mit negativen Prägungen umgehen

Ich habe in der Doku «Macht Schönheit glücklich?» sehr persönlich und offen über verschiedene negative Prägungen gesprochen, welche mein Leben, meine Wahrnehmung von mir und mein Verhalten stark prägten. Dies möchte ich hier nicht wiederholen – wer noch nicht reingeschaut hat, findet meine Schilderungen zu Themen wie Bodyshaming etc. hier:

Ganz viele Nachrichten, die ich im Nachgang der Sendung erhielt, gingen inhaltlich darum, wie ich mit diesen negativen Erlebnissen umgegangen bin. Es würde den Rahmen eines Blogposts sprengen, dies im Detail festzuhalten – das wäre vermutlich eher mal ein Thema für ein Buch. Eines möchte ich hier aber noch erzählen: Ich höre heute wesentlich weniger solche Kommentare. Liegt das daran, dass sich meine äusserliche Form am verändern ist? Möglich. Ich persönlich glaube jedoch, dass es primär damit zu tun, dass sich meine innere Einstellung mir selbst gegenüber verändert hat. Wie mir eine Kollegin kürzlich schrieb: «Ich sehe das, was von aussen kommt, als Spiegel dessen, was gerade in meinem inneren geschieht» und ich finde diese Aussage sehr passend.

Die Veränderung meiner inneren Einstellung mir gegenüber begann vor Jahren und ist ein Prozess, der längst nicht immer nur in grossen Schritten vorwärts geht, sondern in welchem ich auch immer mal wieder Rückschritte mache. Und oft ist es ja auch so, dass man eigene Fortschritte gar nicht sieht – mir geht es auf alle Fälle so.

Einen riesigen Fortschritt durfte ich kürzlich selbst spüren und das hat mich so dankbar gemacht, dass ich heute davon erzählen möchte. Ich habe mir auf YouTube nochmals das True Talk Video angeschaut, in welchem ich vor drei Jahren über Vorurteile gegenüber übergewichtigen Menschen gesprochen hatte. Wer es noch nicht kennt, kann es hier nachschauen:

Damals hatte ich mein Höchstgewicht und fühlte mich sehr unwohl in meiner Haut. Und ich erinnere mich noch haargenau an den Tag, als dieses Video online gestellt wurde: Ich befand mich in Holland, umgeben von meinem damaligen Arbeitsteam. Und ich konnte kaum fassen, wie bitterböse manche der Kommentare waren, die ich erhielt. Wir sprachen viel darüber, wie ich damit umgehen könnte und immer wieder kam in mir der Impuls hoch, mich zu verteidigen. Mich zu rechtfertigen. Diesen Menschen da draussen IRGENDWIE meine Verletzungen, meine Geschichte, die Gründe für mein Übergewicht erklären zu wollen. Ich wollte so sehr verstanden werden, dass es schmerzte. Und doch gab es so viele da draussen, die mich einfach nicht «hörten» und zu meinen bereits bestehenden seelischen Schmerzen neue hinzu fügten mit ihren Worten.

Kurz darauf trat Steve Husistein in mein Leben und wurde mein Transformations-Coach. Dass ich heute ganz anders darauf reagiere, wenn mich jemand beleidigt, hat ganz viel damit zu tun, was er mir in den letzten drei Jahren mit auf meinen Weg gab. Denn natürlich konnte auch er nicht einfach mit dem Finger schnippen und all diese Verletzungen ungeschehen machen – die Wunden klaffen auch heute manchmal noch auf und schmerzen. Doch er gab mir Tools mit auf den Weg, wie ich anders damit umgehen konnte und während verschiedenen Hypnose-Therapie-Sitzungen haben wir in meinem Unterbewusstsein aufgeräumt. So konnte ich die Verletzungen langsam loslassen und meinen wertvollen Kern stärken. Und dann kürzlich komplett anders darauf reagieren, als mich jemand als «Fettwanst» betitelte – hier findet ihr die Geschichte dazu:

Wir alle haben unsere Prägungen, die wir auf unseren Weg mitnehmen. Ich finde, das wurde in der Doku auch mit ganz unterschiedlichen Lebensgeschichten wunderbar aufgezeigt. Und wir können unsere Vergangenheit nicht ungeschehen machen. Doch wir können hier, heute und jetzt mit unserem Wissen und unserem Wesen die Weichen für unsere Leben neu stellen. Alles beginnt mit einer einzigen Entscheidung, einem Quentchen Mut – diesen wünsche ich euch! Denn wie es schon der Philosoph Kierkegaar so treffend gesagt hat:

Nach vorwärts wird das Leben gelebt, nach rückwärts verstanden….

Bergliebe-Moment in den 90er Jahren mit meinem Grosi.

3 Gedanken zu „Was uns prägt

  1. Liebe Alexandra Baumann

    habe soeben den Film von SRF gesehen und war total beeindruckt von Dir. Deine Art, Deine Worte sorgfältig abzuwägen und dann die Sache genau auf den Punkt zu bringen, hat mich stark beeindruckt. Bei der obligatorischen nach-der-Doku-Google-Suche bin ich auf Deine Seite gestossen und hab mich gefreut, dass ich Dir jetzt hier meine Gedanken noch als Kommentar mitteilen kann.
    Ich wünsch Dir alles Gute und ich bin sicher, dass Du mit Deinem Mut noch viele Leute in Deinem Leben inspirieren kannst!! You go girl!

    • Liebe Pascale

      Ganz herzlichen Dank für deinen Kommentar, über den ich mich sehr gefreut habe. Deine Komplimente nehme ich gerne mit auf meinen Weg.

      Auch für dich von Herzen nur das Beste.

      Liebe Grüsse
      Alexandra

  2. Pingback: (Over) Drive oder: Dich kann ja momentan grad gar nichts aufhalten | Alexandra Baumann

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